Eine interessante Gesprächsrunde von Anke Plättner unter Beteiligung von Annette Dowideit (Die Welt), Karin Maag (CDU), Robby Schlund (AfD) und Holger Carstensen erörterte die Frage, warum der Pflegenotstand weiterhin ein akutes Problem darstellen wird und welche Wege aus jenem führen könnten.

Kurzzusammenfassung

Alle Beteiligten, insbesondere Annette Dowideit und die Mehrheitspolitikerin Karin Maag, waren sehr gut informiert und kannten Zahlen aus statistischen Erhebungen.

Karin Maag (CDU) möchte den Pflegenotstand durch die Reaktivierung von Teilzeitkräften und Personen, die den Pflegeberuf gelernt, jedoch nicht mehr ausüben, lösen.

Kritische Würdigung: Personen, die größtenteils aufgrund von Überlastung Abstand zum Pflegeberuf genommen haben oder ihre Arbeitszeit zugunsten von mehr Freizeit gekürzt haben, lassen sich in der Praxis wahrscheinlich auch nicht durch größere Würdigung in Form von monetären Anreizen dazu bringen, die bestehenden Pflegelücken bei ihren (ehemaligen) Arbeitgebern zu schließen. Kurzum: FAIL

Robby Schlund (AfD) und Annette Dowideit favorisieren die Wiedereinführung der Wehrpflicht und damit auch die des Zivildienstes, um die Lage in der Pflege zu verbessern.

Kritische Würdigung: Das ist die Lösung, die nachhaltige Besserung verspricht – zügig umsetzbar zu finanzierbaren Kosten. Es besteht jedoch massiver Bedarf an Überzeugungsarbeit. Vielleicht könnte Gerhard Schröder mit seinem guten Draht in den Kreml bei dieser Debatte etwas nachhelfen. Kurzum: WIN

Karin Maag und Robby Schlund lehnen eine systematische Überführung ausländischer Fachkräfte nach Deutschland mit der Begründung ab, dass in den Herkunftsländern jene Fachkräfte im sozialen Bereich fehlen würden. Nach Robby Schlund solle man mit Flüchtlingen, die einen Pflegeberuf haben, “reden”; eine Koppelung mit einer dauerhaften Aufenthaltserlaubnis setze jedoch falsche Anreize; diesem schließt sich Karin Maag an.

Kritische Würdigung: Es leuchtet ein, dass jemand nicht in zwei Ländern gleichzeitig leben und arbeiten kann. Aber Länder mit einer anderen demographischen Struktur wie Deutschland (z. B. Ägypten) benötigen tendenziell weniger Pflegefachkräfte. Ausländer, die Alten- oder Gesundheitspfleger in ihrem Heimatland waren und in jenem Beruf in Deutschland arbeiten wollen, sollten aufgrund von Gerechtigkeitsüberlegungen mittelfristig vollwertiges Mitglied der deutschen Gesellschaft werden können, um welche sie sich bei ihrer Arbeit schließlich kümmern. Eine andere Handhabung wäre schlichtweg scheinheilig und würde zu weiteren direkt angeschlossenen Problemen führen. Kurzum: FAIL

Der Hamburger Holger Carstensen spricht sich für eine Informationskapagne für die Jugend aus, die den Pflegeberuf attraktiver machen soll. Carstensen, Pflegedienstleister in einem Hamburger Seniorendomizil, sieht die Probleme des Pflegenotstands größtenteils bei Arbeitgebern bzw. Betrieben, die keine ausreichende Personalzahl aufweisen können. Er behauptet, dass Fachpflege durch ambulante und stationäre Dienste qualitativ hochwertig sei, da dies auch vom MDK überprüft würde.

Kritische Würdigung: Sympathischer Mann und sicherlich ein guter Chef. Die Qualität in der Pflege ist, wenn man offen mit Insidern spricht, trotz der Prüfungen und Bewertungen des MDKs jedoch häufig schlecht, weil schlichtweg keine Zeit für die einzelnen Pflegebedürftigen vorhanden ist. Alleinstehende Pflegebedürftige ohne Angehörige, die die Pflege kontrollieren könnten, werden in vielen Fällen leider nachrangig behandelt.

Fazit: Es wird noch Jahre dauern eine nachhaltige Lösung herbeizuführen, die aller Voraussicht nach in der Wiedereinführung der Wehrpflicht (vordergründig nicht aus Sicherheitsüberlegungen, sondern aufgrund des Engpasses in der Pflege) münden wird. Berlin agiert wie ein unentschlossener Feuerwehrmann und setzt leider auf die einfachsten Methoden. Es besteht Handlungsbedarf bei der Überwachung der Pflegequalität.